Auf die nächsten 20 Jahre

Veröffentlicht von Maximilian Zwake
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Das kleine Kienberger Windrad wurde generalüberholt. Beinahe schon ein technisches Denkmal. Von Michael Geyer

Seit fast 21 Jahren tut die Windkraftanlage hoch über dem Usseltal auf dem Hof von Herbert Kugler ihren Dienst. Das im Mai 1993 an das Stromnetz angeschlossene 80-Kilowatt-Windrad war damals der erste und auch größte „Windenergiekonverter“ in Bayern, wurde als „Demonstrationsvorhaben Windenergie Binnenland“ errichtet und vom Bund, Land und der LEW gefördert. So steht es auf der Infotafel unterhalb der Anlage.

Vielleicht hat das Windrad in ein paar Jahren sogar einmal gute Chancen, in die Reihe der technischen Denkmäler aufgenommen zu werden. Von den ursprünglich etwa 80 Anlagen dieser Art in Deutschland sind noch 25 in Betrieb – Tendenz fallend. Dieser Anlagentyp sei viel zu klein, technisch überholt und eigentlich unwirtschaftlich, sagt Ludger Dülmer vom Perle Industrieservice aus Emsbüren, der Anfang dieser Woche mit zwei Mitarbeitern an dem Kienberger Windkraftwerk gearbeitet hat. Ein Blick gegen Nordwesten, wo das neue Windkraftwerk mit einer Nennleistung von zwei Megawatt, einer Nabenhöhe von 138 Metern und einem Rotordurchmesser von 82 Metern steht, bestätigt, dass heutzutage in der Stromproduktion mit Windkraftwerken in einer ganz anderen Liga gespielt wird. Dass die Kraftwerksbetreiber wesentlich mehr Gegenwind seitens der Anlieger und der Politik verspüren als vor gut 20 Jahren, steht auf einem anderen Blatt.

Das alte Getriebe hat endgültig ausgedient (links). Mit einer Nabenhöhe von 40 Metern ist das kleine Kienberger Windrad heutzutage ein Zwerg. Im Vordergrund die drei ausgetauschten Rotorblätter (rechts).
Das alte Getriebe hat endgültig ausgedient (links). Mit einer Nabenhöhe von 40 Metern ist das kleine Kienberger Windrad heutzutage ein Zwerg. Im Vordergrund die drei ausgetauschten Rotorblätter (rechts).

Das Kleinkraftwerk ist nach wie vor von großem Interesse. Seit November 2013 stand das Windrad wegen eines Getriebeschadens still und es sei nicht leicht Ersatz für das defekte Teil zu finden gewesen, sagt Betreiber Herbert Kugler. Das am Montag montierte Austauschgetriebe stammt von einem abgebauten Windrad, wurde generalüberholt und soll in Kienberg für die nächsten zwei Jahrzehnte wieder fehlerfrei laufen.

Weil schon ein Kran vor Ort war, wechselten die Servicearbeiter auch die drei Rotoren mit einer jeweiligen Flügellänge von 9,70 Metern aus. Perle Industrieservice sei einer der wenigen Betriebe, die solche Anlagen noch reparieren könne und arbeite schon seit 1994 mit dem Hersteller „Tacke“ eng zusammen, sagt Dülmer. „Wir sind mit der Anlage aufgewachsen und trauen uns noch ran. Wichtig ist es jetzt, junge Leute in die Technik einzuarbeiten, damit auch in ein paar Jahren jemand da ist, der so etwas kann.“ Im Alltagsgeschäft sei Perle Industrieservice deswegen vor allem auf die Wartung von Kleinanlagen mit der Zielführung einer vorbeugenden Instandhaltung spezialisiert. Die Kienberger Kleinanlage sieht Dülmer eher für die Deckung des Eigenbedarfs als für die Einspeisung ins Stromnetz geeignet.

Strom für 25 Haushalte

Das schätzt Elektroingenieur Michael Kugler, Sohn des Betreibers Herbert Kugler und dessen Nachfolger zwar auch so ein, aber die Zahlen stellen der 80-Kilowatt-Anlage doch ein sehr gutes Zeugnis hinsichtlich des in rund 21 Jahren erzielten Ergebnisses von etwa 1,89 Millionen Kilowattstunden Gesamtleistung aus. Geht man von einem durchschnittlichen Ertrag von 90000 Kilowattstunden pro Jahr und einem angenommenen Verbrauch von 3500 Kilowattstunden pro Jahr und Haushalt aus, würde der Strom für 25 Haushalte reichen. „Ich hoffe, dass die Anlage weitere 20 Jahre hält, denn sie ist gerade jetzt als Eigenbedarfsanlage hochinteressant“, meinte Michael Kugler. Seine Hoffnungen sind durchaus realistisch, denn die technische Bestandsaufnahme belegte, dass das Kleinkraftwerk prima in Schuss ist.

Quelle: Augsburger Allgemeine